40º Aniversário da Constituição da República Portuguesa
34 Der Platz der Verfassung im 21. Jahrhundert 40.º Aniversário da Constituição da República Portuguesa Colóquio Comemorativo unabhängig ist. Überdies bilden sich unter dem Dach der UN völkerrechtliche Regeln heraus, die als ius cogens unabhängig von der Billigung der Staaten Geltung beanspruchen und diese wiederum beim Vertragsschluss binden. Völkerrechtliche Verpflichtungen können vor internationalen Gerichten eingeklagt werden. Obwohl die nationalen Verfassungen von dieser Entwicklung potentiell berührt sind, weil die Staaten aus Gründen des Völkerrechts unter Umständen nicht mehr alles tun dürfen, was ihre Verfassung ihnen erlaubt oder gebietet, oder weil sie umgekehrt zu einem Tun verpflichtet sind, das ihnen die Verfassung untersagt, aktualisiert sich diese Möglichkeit für die Mehrzahl der Staaten selten oder nie, weil sie sich keinen Verstoß gegen die UN-Charta zuschulden kommen lassen. Die ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats können sich wegen ihrer Vetoposition sogar rechtlich gegen UN-Interventionen schützen. Der rapide Wandel des Völkerrechts wird auf diese Weise verfassungsrechtlich nur selten fühlbar, wenn auch einige Antiterror-Maßnahmen der UN, die nationale Grundrechtsgarantien berührten, das Bewusstsein dafür geschärft haben, dass es geschehen kann. Anders verhält es sich aber in Europa. Nirgends ist die Bildung einer überstaatlichen Hoheitsgewalt weiter voran geschritten als hier. Zwar können Interventionen der UN, wenn es dazu kommt, äußerst massiv ausfallen. Es kommt aber nicht häufig dazu, weil die große Mehrheit der Mitgliedstaaten keinen Interventionsgrund liefert. Die Hoheitsgewalt, die die UN erlangt haben, ist nicht nur gegenständlich eng begrenzt. Sie aktualisiert sich im Unterschied zur staatlichen Hoheitsgewalt auch nur selten und meist nur gegenüber einzelnen Staaten. Das ist im Rahmen der europäischen Integration anders. Die den europäischen Einrichtungen übertragene öffentliche Gewalt schließt zwar den Einsatz von Mitteln physischer Gewalt nicht ein. Dies bleibt den Staaten vorbehalten. Sie sind aber der Einwirkung europäischer Hoheitsakte ständig ausgesetzt. Jedoch muss zwischen dem Europarat und der Europäischen Union unterschieden werden. Der Europarat wirkt auf die Staaten vornehmlich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein, der die Beachtung der europäischen Menschenrechtskonvention zu gewährleisten hat. Die EMRK gilt in den Mitgliedstaaten aufgrund der nationalen Ratifikation und nimmt in der Hierarchie der Rechtsnormen denjenigen Rang ein, den die Mitgliedstaaten ihr zugewiesen haben. Der EGMR kann Akte der Mitgliedstaaten auf Verletzungen der EMRK prüfen, hat aber nicht das Recht, sie im Verletzungsfall aufzuheben. Er bleibt auf Feststellungsurteile beschränkt. Ihre Befolgung kann nicht erzwungen werden. Insoweit hält sich der europäische Menschenrechtsschutz im traditionellen völkerrechtlichen Rahmen. Durchbrochen ist er aber insofern, als nicht nur Staaten klagebefugt sind, sondern auch Individuen, die sich in ihren Konventionsrechten von einem Mitgliedstaat verletzt sehen. Die Befugnisse der EU gehen dagegen erheblich weiter. Die Mitgliedstaaten haben ihr zahlreiche Hoheitsrechte übertragen, die sie autonom wahrnimmt. Davon sind alle Zweige der Staatstätigkeit betroffen. Es sind legislative, exekutive und judikative Rechte übertragen worden. Die Akte, die die EU in Ausübung dieser Befugnisse setzt, Rechtsnormen inbegriffen, erlangen in den Mitgliedstaaten unmittelbare Geltung. Nach der Rechtsprechung des EuGH gehen sie dem nationalen Recht vor, selbst dem höchstrangigen nationalen Recht, den mitgliedstaatlichen Verfassungen. Nationales Recht, dem europäisches Gemeinschaftsrecht entgegensteht, darf nicht angewendet werden, solange dieses in Kraft ist. Auch wenn es der EU an Mitteln physischen Zwangs fehlt, ändert das nichts daran, dass ihr Mitgliedstaaten, soweit das Gemeinschaftsrecht reicht, nicht mehr selbstbestimmt handeln können.
RkJQdWJsaXNoZXIy Mzk2NjU=